- Für eine bestimmte Freundin -
Da hatte ich frohgemut das Haus verlassen, um jetzt festzustellen, dass sich der Einkaufsbummel in der großen
Stadt scheinbar schwieriger gestaltete, als ich es mir dachte. Erstens
brauchte ich nicht wirklich etwas und wollte nur mal gucken.
Zweitens lag die Liste mit den Geschenkideen zu
Hause und drittens kannte ich mich hier nicht aus. Ich
stellte mich daher erst einmal mitten in die Fußgängerzone zwischen alle die flanierenden oder vorbeistürzenden Einkaufswilligen, um mich
einzustimmen und zu orientieren. Schließlich wollte ich auch wieder zurück finden - daher musste ich mir die Stelle gut merken, an der die Treppe in den Untergrund führt
zu den fast lautlosen Zügen, die mit mir nach hoffentlich fröhlichen zwei Stunden wieder zurückgleiten
würden.
Danach betrat ich erwartungsvoll den weihnachtlich
geschmückten Konsumtempel zu meiner Linken - Schuhe, in alle Farben
und alle mit wahnsinnig hohe Absätze, so dass mir bei der
Vorstellung darauf laufen zu müssen, gleich schwindlig wurde, da ich unter extremer Höhenangst
leide. Eilig verließ ich das Geschäft.
In einem anderen Laden funkelte kostbarer
Schmuck in fein dekorierten Schaufenstern und in der Edelboutique
daneben trugen lasziv drein blickende Plastikmodels sündhaft teure
Mäntel. Zwischen den Geschäften für das gehobene Klientel reihten
sich eine bekannte Filiale der einschlägigen Ketten nach der
anderen. Eigentlich war es wie zu Hause in der kleinen Stadt - die
gleichen Läden, hier nur eine Nummer größer und teurer.
Fast schon gelangweilt betrat ich eines
der Kaufhäuser. Üppige Dekorationen und ein auf die Jahreszeit
abgestimmtes Sortiment bot sich heiter dar. Die lieblich klingende
Weihnachtsmusik stimmte die Kundschaft mild und kauffreudig. Eine
zierliche junge Frau trat mir in den Weg: „Kann ich Ihnen weiter
helfen?“ Ihre Stimme zischte ein wenig und ihre grünen
Reptilienaugen glitzerten verführerisch. Wie gebannt starrte ich
zurück: „Kalender...“ sagte ich „...ich suche Kalender!“
Ihr maskenartiges Lächeln spiegelte
sich in einer der riesigen Christbaumkugeln, die überall herunter
hingen und flink wie eine Eidechse huschte sie vor mir her.
Mechanisch folgte ich ihr. Und als wäre sie mein persönliche Betreuung
führte sie mich von Abteilung zu Abteilung - die bunten Tüten in meiner
Hand mehrten sich. Wie in Trance stolperte ich hinter ihr her und je nach Beleuchtung schimmerte ihr Haut grünlich oder bekam einen leichten Silberton. Ich konnte ihr nicht
entrinnen. Immer wenn ich ihr gerade sagen wollte, dass ich nun genug hätte,
unterbreitete sie mir einen neuen tollen Vorschlag oder zog einen Gegenstand aus
dem Regal, den ich mir schon immer gewünscht hatte. Zwischendurch hypnotisierte sie mich mit diesen bunten Glitzerdingen für den
Adventsstrauß,
die sie vor meinen Augen hin und her baumeln ließ. Endlos schleppte sie mich durch die Gänge und Auslagen.
Der Kaufrausch wurde je unterbrochen,
als an der Kasse im obersten Stockwerk eine andere Kundin mit drei
Plüschtieren im Arm meine Begleiterin ansprach. Rasch nutzte ich die
Gelegenheit, ließ das teure Spielzeug fallen, dass ich gerade im
Begriff war zu bezahlen und mit einem: „Danke ich habe jetzt
alles!“ quetsche ich mich schnell in einen der Fahrstühle zwischen einen
Pulk von Menschen. Zumindest hoffte ich, dass es Menschen waren. Da
jedoch alle mit noch mehr bunten Tüten beladen waren als ich und völlig entrückt vor sich hin starrten, löste
sich meine Paralyse langsam auf.
Dafür machte sich jetzt eine leichte Panik breit - hatte mich nicht erst neulich meine Freundin, die immer auf dem neusten Stand ist, vor der bereits erfolgten Invasion pandimensionaler Reptilien gewarnt...?
Dafür machte sich jetzt eine leichte Panik breit - hatte mich nicht erst neulich meine Freundin, die immer auf dem neusten Stand ist, vor der bereits erfolgten Invasion pandimensionaler Reptilien gewarnt...?
Erschrocken und erschöpft stieg ich in die U-Bahn, presste die Masse meiner völlig überflüssigen Einkäufe an mich und versuchte auf meinem Eckplatz durchzuatmen. „Fahrscheinkontrolle! Darf ich Ihren Fahrtausweis sehen?“ Ein biegsamer junger Mann, dessen Hände mit seltsam schuppiger Haut bedeckt war, hielt mir eine Plastikkarte vor die Nase.
Verzweifelt blickte ich in die
senkrechten Schlitze der kalt schimmernden Augen und durchsuchte
meine Taschen nach dem Fahrschein. Dabei hallte es in meinem Kopf wider:
Wir können ihnen nicht entkommen... sie sind bereits überall...!
Fingerübung von Stephanie Ursula Gogolin
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