6. Oktober 2010

ausprobiert


...natürlich musste ich da mit machen und was kam nach der blitzartigen Analyse heraus:


Ingeborg Bachmann
 


...das hätte ich nicht gedacht! Als Analysetext stellt ich mein untenstehendes KurzUndProsa zur Begutachtung:




Projekt Abschied


Den Tod sollte man nicht erklären, sondern akzeptieren. Und es gilt sich vorzubereiten. An einem milden Herbsttag, mit Rasenmähergeräuschen und ersten Gänseformationen, die keilförmig fern das trübe Grau über mir belebten, wurde mir meine Endlichkeit bewusst
und ich beschloss meine beginnende Karriere als Schriftsteller zu unterbrechen, um erste Vorbereitungen zu treffen. 


Als erstes suchte ich im Anzeigenteil nach einem Job. Ich musste Geld verdienen, um die immensen Kosten einer Beerdigung bereitzustellen. Um dem Tod ins Auge sehen zu können, musste ich mich erst einmal dem Leben zuwenden. Ich trug Papiere zusammen, überlegte, wer wohl bei meinem letzten Gang anwesend sein würde und was ich aufwenden müsste, um selbige zu beeindrucken. Ich studierte die Angebote der Bestatter und Steinmetze und verfasste eine Liste.

Es war schwierig eine opulente, aber kostengünstige Abschiedsfeier zusammenzustellen, da es nicht üblich ist, die Dienstleistungen von verschiedenen Instituten zu kombinieren. Keiner hatte ein, mir attraktiv scheinendes aber preiswertes Paket in seiner Auswahl. Ich stand kurz davor, das anstrengende Vorbereiten meines würdigen Ende auszusetzen. Vielleicht würde ich mich eines Tages in Luft auflösen. Oder die Traditionen und gesetzlichen Vorschriften in puncto Bestattung würden sich ändern und außer einem dezenten Kranz Gänseblümchen und einem lieblichen Lied aus Kinderkehlen am Wiesengrab, wäre jeder Pomp und eitle Aufwand verboten.


Vielleicht sollte ich es auch darauf ankommen lassen und mein, eines Tages unausweichliches, eigenes Ende einfach ignorieren. Denn wenn ein Mensch aus dem Leben scheidet, hat er den Vorteil sich keine Gedanken mehr machen zu müssen, wie es weitergeht. Für ihn beginnt endlich der natürliche Kreislauf, den es in unserem durchzivilisierten Leben schon lange nicht mehr gibt. Ich brauchte ein paar Tage, um auch dieses Tief zu überwinden und die Trauer um meinen eigenen Verlust abzuschließen.


Das Bewerbungsgespräch die Woche drauf verlief besser als ich dachte und auf die Frage: „...warum möchten Sie in unserem Unternehmen tätig sein?“, antwortete ich wahrheitsgemäß: „Ich muss für meine Beerdigung Geld verdienen!“. Der Abteilungsleiter fasste das als Scherz auf und stellte mich trotzdem ein. Ich hatte eine leichte Arbeit. Es galt die Särge, die vom Fließband liefen, auf Vollständigkeit zu überprüfen und Sägespäne einzufüllen. Eine Kollegin, die nebenan arbeitete, schlug anschließend den Innenraum des Schreins mit weißer Kunstseide aus und tackerte sie unauffällig fest.


Manchmal frühstückten wir zusammen. Da sie sehr zurückhaltend war, lag die Last der Unterhaltung bei mir. „Hast du schon für deine Beerdigung vorgesorgt?“ - „Ich bin fünfundzwanzig!“ - „Naja, ich meine ja nur, wo wir doch hier arbeiten!“ 

Plötzlich war es mir peinlich über meine eigenen Beweggründe zu sprechen.

Sie war eine stille, aber nette Person und nach und nach kamen wir uns näher. Es gehörte auch zu meinen Aufgaben kurz vor Feierabend alles aufräumen und die Halle zu fegen. Immer wieder ertappte ich mich, dass ich sehnsuchtsvoll in den leeren Nebenraum starrte und wünschte sie wäre noch nicht nach Haus gegangen. Aber Komplikationen dieser Art konnte ich eigentlich nicht gebrauchen, schließlich hatte ich errechnet, dass ich etwa fünf Jahre ein sparsames Leben führen müsste, um dann beruhigt meinem Ende entgegen zu sehen. So verging die Zeit und das Projekt: Abschied gestaltete sich immer besser, ebenso das Verhältnis zu meiner Kollegin, die übrigens Anika hieß.


Seit jenem milden Herbsttag sind fast sechs Jahre vergangen. Inzwischen habe ich den Bereich Fertigung übernommen, meine stille, aber zauberhafte Kollegin geheiratet und im Mai erwarten wir unser erstes Kind. Und was das Beste ist, als Mitarbeiter der Firma bekomme ich später einmal einen kostenlosen Sarg und somit konnte ich diesen Punkt schon mal von meiner Liste streichen.


 

4 Kommentare:

birgit hat gesagt…

einmal trakl einmal rilke
da kann was nicht stimmen *grusel*
liebe grüße
birgit

Stephanie hat gesagt…

...ich glaube auch, dass die würfeln. Ich habe es noch mit drei anderen Texten versucht und jedes mal einen anderen Autor gewonnen. Ein Spiel wie Horoskope in Illustrierten.

Ich möchte sowieso am liebsten wie ich selbst schreiben...

Stephanie

birgit hat gesagt…

ja eben
ich bin auch nochmal zu kafka gekommen
das fand ich völlig daneben
ja klar wie die horoskope
aber neugierig war ich dann doch giggle
ich bitte um ein kurzes eher sachliches eingraben meiner asche unter einem zufällig gewählten baum
wenn das möglich wäre
nur um noch bezug zu nehmen...
lg birgit

Nikola Hotel hat gesagt…

Liebe Stephanie,

eine wirklich witzige Geschichte! Sie bringt mich zu der Frage: Wie kriege ich eigentlich die Zeit bis zu meiner Beerdigung rum?
Mit Schreiben wohl nicht, wenn ich nicht verhungern will.;-)

Liebe Grüße,
Nikola