Nun sitzen Ulli und
Schäfchen allein im Dunkel.
Im Treppenhaus
duftet es nach Weihnachtsbäckerei, Räucherkerzchen und Tannengrün.
Mama hat nach dem Backen ganz oben das Dachfenster einen Spalt
geöffnet. Es zieht ein bisschen auf der Treppe. Schäfchen sieht
nach oben. Ob Stofftiere auch einen Schnupfen kriegen können, so wie
Hanna neulich?
“Oh, was ist
das?”, fragt Ulli.
Mit dem kühlen
Hauch schwebt von oben ein weißes glitzerndes Etwas durch den langen
Schacht des Treppenhauses.
“Weiß nicht”,
meint Schäfchen, “ein Stern vielleicht?”
“Nein! Ich glaube,
das ist eine Schneeflocke ... aber eine richtige große!” Ulli
staunt.
Inzwischen war der
strahlend weiße Stern fast unten angekommen. Und ein helles
Stimmchen zwitschert: “Schneeflöckchen, Weißröckchen, jetzt
kommst du gescheit...” - Ein winzig kleines, glitzerndes Wesen
landet elegant auf der sechsten Treppenstufe und sein Strahlen
beleuchtete die verblüfften Gesichter von Ulli und Schäfchen.
“Schönen Advent
wünsche ich euch, heute schon gesungen?”
Das fröhliche
Kristallkind klatscht in seine winzigen Hände: “Was ist denn hier
für eine trübe Stimmung und es stuppst Ulli an, so das er fast von
der Stufe fiel.
“Wo kommst du denn
her?”, fragte Schäfchen, “hast du dich verflogen?”
“Vom Himmel hoch
da komm ich her... “trällert es und sprang in die Girlande aus
Tannengrün, die am Treppengeländer hängt, um in einer der roten
Schleifen zu schaukeln.
“Bist du eine
richtige Schneeflocke?”, wollte Ulli wissen.
“Nein, da würde
ich ja schmelzen. Ich bin Zaubersternchen und möchte meine Freundin,
die Hauselfe besuchen. Aber nun sagt doch mal, warum macht ihr so
lange Gesichter?”
Die Beiden gucken
immer noch traurig: ”Die Kinder haben uns vergessen”, sagten
Schäfchen und Ulli im Chor: “...sie sind ohne uns zum Schlitten
fahren und wir wären gern dabei gewesen.”
“Na seit doch
froh, draußen ist es kalt und wenn man in den Schnee fällt, wird
man auch noch nass.”
“Aber hier ist es
langweilig”, sagt Ulli ein wenig trotzig.
“Ach keine Trauer
an einem so schönen Vorweihnachtstag, kommt wir singen was: “Kling
Glöckchen, klingelingeling....”
“Hallo, was ist
denn hier los?” Spinni, die Hauselfe pflegt wie immer plötzlich
zwischen den Stäben des Treppengeländer aufzutauchen. Ihr
hellblaues Kittelchen warf heute grünliche Schatten und um den Hals
lag kunstvoll verschlungen einen Lamettafaden. Auf dem Kopf trug sie
einige von den kleine goldnen Glitzersternen, die Paula neulich beim
Basteln unter den Tisch geworfen hatte. “Da bist du ja mein liebes
Zaubersternchen, ist das Jahr schon um?” - “Ganz recht Spinni, in
zwei Tagen beginnen die Weihnächte, wie schnell doch die Zeit
vergeht!” Und sofort flötete sie ein “Oh du fröhliche...”
hinterher.
Schäfchen und Ulli
saßen mit großen Augen dabei und fanden die Unterhaltung recht
kurzweilig.
“Schön, dann
lasst uns ein bisschen feiern”, Spinni nahm ein paar von den
Glitzersternchen aus ihren Haaren und schüttelte sie in ihrer Hand
hin und her. Hauselfen können so alle möglichen Dinge vermehren,
natürlich nur die, die in ihre Hand passten. Sie warf den Flitter in
die Luft und ein wahrer Sternregen fiel auf alle herab. Schäfchen
sah wunderschön aus in einem weißen Fell mit goldnen Sternchen und
Ullis Latzhose war plötzlich überall mit glänzender Borte verziert.
Zaubersternchen sprang von der Schleife, schwang einen klitzekleinen
Zauberstab aus Kristall und hundert gleißende Lichtlein schwebten
durchs Treppenhaus, es sah sehr festlich aus.
Spinni zog ein
besonders schönes Lebkuchenherz aus der Kitteltasche. Das knabberte
sie ganz alleine auf, denn bekanntlich essen Stofftiere nicht und
Zaubersternchen ernährt sich nur vom sanften Mondlicht.
Die Hauselfe zog aus
der dunklsten Ecke des Treppenabsatzes eine kleine Harfe hervor.
Zaubersternchen verteilte winzige Notenblätter mit
Weihnachtsliedern. Aber weder Schäfchen noch Ulli konnten lesen. Sie
summten und brummten einfach mit. Das andere Spielzeug im Haus
lauschte andächtig und alle wünschten sich, sie wären auch auf der
Treppe. Wie schnell doch eine Stunde vergeht. Nach und nach erloschen
die kleinen Lichter. Für Zaubersternchen wurde es Zeit sich zu
verabschieden. Spinni machte so gut es ging den Glitzersternenzauber
wieder rückgängig und wie immer gelang es ihr nicht so ganz. Ein
paar Sternchen vergaß sie auf den untersten Stufen. Was für eine
schöne Treppenhausweihnachtsfeier und erst der stimmungsvolle Gesang. Schäfchen und
Ulli saßen zufrieden auf der kalten Treppe und ihnen war ganz warm
ums Herz.
Es war draußen
schon stockdunkel, als die Kinder in den Flur stürmten und ihr
zurückgelassenen Lieblinge heftig umarmten. Oma schaltete das Licht
an und fragte verwundert: “Wo kommen denn die Sternchen her?“
Kindergeschichte aus der Reihe: Geschichten aus dem Treppenhaus
© Stephanie Ursula Gogolin, Bonn 2003
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